Rede / Stellungnahme der SPD-Stadtratsfraktion zum Haushalt und Finanzplan 2023 – 2026 - Stadtratssitzung vom 09.02.2023

18. Februar 2023

Haushalt 2023 der Stadt Neutraubling „Mit Vollgas gegen die Wand“
Wir haben den Haushalts- und Finanzplan in der Stadtratssitzung vom 09.02.2023 abgelehnt, denn im aktuellen Finanzplan ragt vor allem der riesige Schuldenberg heraus.

Unser Finanzexperte Markus Pesth hat sich in seiner Haushaltsstellungnahme sehr drastisch ausgedrückt: Neutraubling fahre „mit Vollgas gegen die Wand“, so unsere Befürchtungen. Man muss schon eine gehörige Portion Mut (Übermut?) haben, wenn man so einem Haushalt und Finanzplan zustimmen möchte. Bei uns erzeugte das gesamte Zahlengewerk größtenteils Unmut, denn „der Karren steckt im Dreck“.

Was ist passiert: Kulturhaus, Grundschulneubau, Haid-Park, Hallenbad usw., in den vergangen Jahren reihte sich in Neutraubling ein Großprojekt ans nächste. Damit ist jetzt Schluss: Im aktuellen Finanzplan ragt vor allem der Schuldenberg heraus. Er soll bis 2026 auf 23 Millionen Euro anwachsen.

Markus Pesth appellierte, mit dem Sparen lieber heute als morgen zu beginnen.

Anfang 2017 hatten wir noch eine Rücklage iHv knapp 37 Mio €, Ende 2026 nur noch 1Mio €. Dazu kommen nach derzeitigem Plan bis Ende 2026 23 Mio € Schulden. Wenn man jetzt noch die Zuführungen 2017-2026 vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt in Höhe von 45 Mio € mit einbezieht, haben wir knapp 104 Mio € im Vermögenshaushalt in den letzten 10 Jahren verbraucht, also ca. 10 Mio € pro Jahr. Es ist klar, dass diese Berechnung verkürzt ist, aber z.B. Grundstücksverkäufe und Käufe halten sich in der Regel in der Stadt Neutraubling die Waage und verändern am Ende das Ergebnis kaum.

Die Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt wird nach den Berechnungen des Kämmerers von 2022 bis 2026 im Durchschnitt ca. 2,7 Mio € pro Jahr betragen. So in etwa wird sich die Zuführung auch zukünftig (nach 2026) entwickeln. Das ist der Betrag, der zunächst für Investitionen zur Verfügung steht. Wenn man nun 2,5% Zinsen für 23 Mio € Schulden rechnet, ergibt das 575.000€ pro Jahr, diese sind von der Summe abzuziehen. Ebenso sind 1 Mio € Tilgung pro Jahr abzuziehen – das wären dann 23 Jahre Tilgung! Daraus ergibt sich eine Investitionsmöglichkeit in Höhe von nur noch 1,1 Mio € pro Jahr! Bisher wurden im Schnitt ca. 10 Mio € pro Jahr ausgegeben.

1,1 Mio € pro Jahr - was ist aber bitte mit unseren zukünftigen Aufgaben? Wenn die Stadt weiterwächst, ist absehbar, dass wir mindestens einen neuen Kindergarten brauchen werden, evtl. eine Erweiterung der Grundschule (oder eine zusätzliche) und dann wäre da noch die Frage eines weiteren Pflege-/Altenheims. Auch hier ist absehbar, dass die bisher verfügbaren Plätze aufgrund des demographischen Wandels nicht ausreichen werden. Ganz abgesehen davon, dass der Klimawandel gewaltige Herausforderungen an uns stellen wird. Viele finanzielle Mittel wird die Stadt Neutraubling auch noch aufwenden müssen, um weitgehend energieautark zu werden. Unklar ist nach wie vor, wie viel mehr Zuschuss unser neues Hallenbad gegenüber dem alten Hallenbad brauchen wird, so Markus Pesth.

Er versuchte, dem Gremium die Dramatik der Lage anhand der Worte des Stadtkämmerers in der Finanzausschusssitzung in Erinnerung zu bringen:

„Wir werden künftig ums Sparen nicht herumkommen. Die Planung zum diesjährigen Haushalt hat gezeigt, dass die Bewältigung der aktuellen Krisen und die Abwicklung des Investitionsprogramms die letzten finanziellen Ressourcen verbrauchen. Durch die Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage, wird heuer voraussichtlich letztmalig ein ausgeglichener Haushalt erreicht. Es ist erkennbar, dass die allgemeine Rücklage bis spätestens Ende 2023 weitgehend aufgebraucht sein wird. Dadurch würde die Stadt in Ihrer Handlungsfähigkeit erheblich eingeschränkt werden. Um sich in Zukunft wieder einen finanziellen Spielraum zu schaffen, bleibt die Haushaltskonsolidierung eine gesamtstädtische Aufgabe, die sicherlich in den nächsten Jahren einen Kraftakt erfordert.“

„Was brauchen wir noch, um aufzuwachen? Bitte erklären Sie mir, wie die Stadt Neutraubling ab 2027 noch handlungsfähig bleiben will“, so Markus Pesth.

Jetzt kann man in Versuchung kommen und sagen, die Wirtschaft nimmt doch auch Darlehen auf. Ja, das stimmt, allerdings investiert die Wirtschaft in Projekte, die hoffentlich zukünftig Gewinne abwerfen um damit das Darlehen zu bedienen – und genau das kann die Stadt nicht machen. Ein Hallenbad wird niemals Gewinne einbringen! Um ein Darlehen aufzunehmen, müssen neben Sicherheiten, die die Stadt Neutraubling ja unbestritten hat, auch die Kreditfinanzierbarkeit gegeben sein. Es müssen also die laufenden Kreditzinsen und die Tilgungen erbracht werden können. Und genau hier sehen wir Probleme – wir geraten in eine Schuldenspirale in der die Zinsen und Tilgungen mit neuen Krediten bedient werden müssen.

All diese Fakten haben uns leider gezwungen, den Haushalts- und Finanzplan abzulehnen. Auch die Fraktion der Aktiven/Grünen hat aus all diesen Gründen dem Haushalt- und Finanzplan nicht zugestimmt.

Wir hätten es sehr begrüßt, wenn sich alle Verantwortlichen nochmals zusammengesetzt hätten, um zu erörtern, wie wir gemeinsam diese Krise bewältigen können. Unser Appell war leider vergeblich!!!

SPD-Stadtratsfraktion
Patricia Dillschnitter, Gabriele Drallmer und Markus Pesth

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